Die Bundestagswahl wird auch im europäischen Ausland genau verfolgt. Denn Deutschland kommt in der komplizierten Weltlage eine wichtige Rolle zu, kommentiert die Presse.
Die vorgezogene Bundestagswahl entscheidet zumindest für die nächsten vier Jahre über die Zukunft in Deutschland. Doch auch über die Bundesrepublik hinaus werden der Wahlkampf und die Wahl am Sonntag intensiv verfolgt. Denn in der angespannten Weltlage dürften der Ausgang und die folgende Regierungsbildung Signalwirkung für ganz Europa haben, kommentieren Medien aus dem europäischen Ausland.
In unserem Liveticker zur Bundestagswahl 2025 berichten wir täglich über aktuelle News und Entwicklungen.
So schaut die internationale Presse auf die Bundestagswahl
„Financial Times“ (Großbritannien): „Die Bundestagswahl findet in einem Klima akuter Besorgnis über die sich abzeichnenden Risiken für die Sicherheit, die liberale Demokratie und das wirtschaftliche Wohlergehen Deutschlands statt. Wer auch immer die nächste Regierung bildet, muss mutige Schritte zur Wiederbelebung der Wirtschaft unternehmen. Deutschland hat zwei Jahre in Folge ein negatives Wachstum verzeichnet und liegt damit hinter den USA und sogar der Eurozone insgesamt zurück. Diese düstere Lage erfordert marktwirtschaftliche Reformen zur Förderung von Innovation und Wettbewerbsfähigkeit sowie eine Abkehr von der Schuldenbremse, die die Inlandsinvestitionen behindert hat. Diese Wahl könnte das Land entweder auf einen Weg zu mehr Wohlstand und Sicherheit bringen oder es weiter abdriften lassen. Deutschland und ganz Europa brauchen das Erstere, um erfolgreich zu sein.“
„Liberation“ (Frankreich): „Der internationale Kontext, in dem sie stattfindet, macht die deutsche Bundestagswahl an diesem Wochenende noch entscheidender als sonst. Die Anfänge einer Umkehrung der Allianzen, die Donald Trump auf den Tisch gelegt hat, und seine Annäherung an Moskau auf dem Rücken der Ukraine stellen sowohl Europa vor die Wand seiner diplomatischen und militärischen Schwächen als auch indirekt Deutschland vor die Sackgassen seiner eigenen politischen Identität, die aus der Nachkriegszeit hervorgegangen ist. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Europa unbestreitbar an einem Wendepunkt seiner Geschichte steht, aber diesen Wendepunkt kann es nur erreichen, wenn Deutschland den seinen einleitet. Genau das hat Olaf Scholz nicht geschafft.“
„The Irish Times“ (Irland): „Die Schlüsselfrage ist, ob die AfD ihren zweiten Platz mit 20 Prozent in den Umfragen möglicherweise um fünf Prozentpunkte ausbauen kann, was bedeuten würde, dass Alice Weidel der Regierung im Parlament Schwierigkeiten machen könnte. Das Mitte-Rechts-Programm von Friedrich Merz macht es schwieriger, eine Mehrheitskoalition zu bilden. Die Kalkulationen werden durch die Ungewissheit erschwert, wie viele kleinere Parteien die Fünf-Prozent-Hürde überwinden werden. Während die EU vor einer Reihe von Herausforderungen steht, ist Deutschlands Führungsstärke gefragt. Doch im Ergebnis dieser Wahl könnte es schwierig sein, eine starke Regierung zu bilden. Es steht viel auf dem Spiel.“
„Tages-Anzeiger“(Schweiz): „Sind die USA unter Trump noch ein Partner, oder stimmt der Eindruck, dass der US-Präsident sich mit Autokraten wie Wladimir Putin oder Xi Jinping besser versteht? Im Wahlkampf für den Deutschen Bundestag wird vor allem hitzig über Migration gestritten und nur am Rande darüber, was Deutschland als größte Volkswirtschaft tun müsste, um auf die Bedrohungslage reagieren zu können. Aber vielleicht kommt es ganz anders, und die Europäer werden sich unter Druck ihrer dramatischen Lage bewusst. Zuerst heißt es: Die Bundestagswahl in Deutschland abwarten und auf eine handlungsfähige Regierung in Berlin hoffen. Denn ohne Deutschland geht wenig in Europa.“