Hühner mieten statt kaufen und regelmäßig frische Eier haben – das ist möglich. Worum es bei der ungewöhnlichen Idee einer temporären Hühnerhaltung geht und was es dabei zu beachten gilt.
Aus einem Garten in Hochheim im Rhein-Main-Gebiet schallt aufgeregtes Gegacker. Die Hauptdarsteller: die Hühner Agathe, Hanna und Perla. Katrin Schiffer, Betreiberin der Hühnervermietung TaunusHuhn, hat gerade den Transportstall abgeladen. Jetzt richtet sie das neue Zuhause der drei Hennen für vier Wochen ein. Denn eigentlich leben die Tiere in Taunusstein – hier sind sie nur Untermieterinnen auf Zeit.
Das Mieten von Hühnern wurde spätestens während der Corona-Pandemie zum Trend. Schiffer zufolge buchen Kunden das ganze Jahr über – mit einer Winterpause. „Wenn ich im Dezember die Termine für das Jahr veröffentliche, bin ich im Januar fast ausgebucht“, sagt sie. Ihren Bestand will sie dennoch nicht erweitern – die Hühnervermietung ist nur ein Nebenjob.
Auch Svenja Buß, Inhaberin der Hühnervermietung Nahe-Huhn im rheinland-pfälzischen Kirn, hat sich der Vermietung der Tiere verschrieben. 2021 bot sie die ersten Hühner zur Miete an, um eine Versorgungslücke im Landkreis Bad Kreuznach zu schließen, wie sie erzählt.
Stall mit Sensor
Für Schiffer, die schon länger selbst Hühner hält, war es ein Zufall, der sie auf die Idee der Vermietung brachte: Ein Freund lieh sich bei ihr einige Hühner und einen kleinen Stall aus, um zu prüfen, ob das dauerhaft für ihn geeignet wäre. Jetzt vermietet sie neun Hühner und drei Ställe.
Der mobile Stall für Agathe, Hanna und Perla steht inzwischen. Eine grüne Leiter führt in das weiß-grüne Gebilde, das auf Stelzen im Garten steht. Klappen lassen sich öffnen und schließen, eine Schublade mit Zeitungspapier fängt Kot auf und für die Eier liegt Heu in einem separaten Legenest bereit.
Ein Sensor öffnet und schließt die Hühnerklappe beziehungsweise die Eingangstür mit Sonnenaufgang und bei Dunkelheit. Ein Steckzaun begrenzt das Gartengelände um den Stall. Die Familie hat den Garten ungemäht gelassen, damit die Neuankömmlinge ordentlich scharren und picken können.
„Die werden vermutlich heute schon legen“, sagt Schiffer zu der kleinen Schar. Reinigungsutensilien werden von ihr ebenso mitgeliefert wie Heringe für den Zaun, Schalen, ein Sandbad gegen Parasiten und eine Kurzanleitung zum Nachlesen.
„Den Stall bitte einmal die Woche saubermachen oder bei Hitze öfter, damit es nicht müffelt“, sagt Schiffer der Familie. Diese mietet bereits zum zweiten Mal und freut sich auf das „Hühner Gucken vom Wohnzimmer aus“.
10 bis 15 Minuten Hühner-Zeit
Sie kennen sich aus, etwa mit den Futtermitteln: Legemehl, Weizenkörner zur Beschäftigung und Grit. Der Hühnermagen arbeitet wie ein Mühlstein, erklärt Schiffer. Das Grit besteht aus Muschelschalen, die dem Magen helfen, die Körner zu Brei zu zermahlen.
Viel Zeit benötigt man zur Hühnerpflege nicht, 10 bis 15 Minuten pro Tag sind laut Buß von Nahe-Huhn ausreichend. Interessierte sollten 20 bis 40 Quadratmeter Garten zur Verfügung stellen können. „Der ist hinterher eine Mondlandschaft, da darf man sich nichts vormachen“, sagt Buß.
Auch sonst gibt es aber einiges zu beachten. Wichtig ist vor allem für Familien mit Kindern: Manche Hühner sind zwar sehr zutraulich, aber es sind keine Kuscheltiere. „Sie lassen es vielleicht zu, auf den Arm genommen zu werden, aber sie sind es nicht gewohnt“, sagt Anna-Lena Busch, erste Vorsitzende des Deutschen Tierschutzbundes, Landesverband Rheinland-Pfalz. Die Tiere könnten bei falscher Handhabung erstickt werden oder erstarren, weil sie denken, ein Fressfeind greife an.
„Hühner sind sehr territorial, haben sie Zeit, gewöhnen sie sich aber an eine neue Umgebung“, führt die Tierschützerin weiter aus. Häufige Umzüge könnten Probleme verursachen, weswegen sie eine Vermietung durchaus kritisch sieht. Angesichts dessen hat Schiffer nach eigenen Angaben ein Konzept entwickelt, um den Tieren unnötigen Stress zu ersparen.
Vier Wochen sollten Hühner bleiben
Schiffer identifiziert drei Arten von Mietern: Diejenigen, die einmal im Jahr Hühner mieten, sich aber nicht dauerhaft binden wollen. Menschen, die die Hühnerhaltung testen, um sich die Tiere anschließend dauerhaft anzuschaffen sowie Kitas, Seniorenheime und Schulen, die Jahr für Jahr mieten.
Bei Schiffer geht jedes Huhn nur eine Saison in die Vermietung, dann werden sie meist an Hobbyhalter verkauft. Buß dagegen verkauft ihre Leih-Hühner nicht: „Das sind meine Familienmitglieder, die bleiben bei mir.“ Buß bietet aktuell acht Hühner an. Mindestens drei bilden eine Gruppe. „Das ist die Mindestanzahl, um den Herdentieren gerecht zu werden“, sagt Buß.
Beide Frauen sehen vier Wochen als ideale Mietdauer: „Die erste Euphorie muss verfliegen, Routine einkehren und man muss auch mal Regen mitbekommen haben, dann ist es nämlich eine matschige Angelegenheit“, sagt Buß.
In Hofheim ist es schließlich soweit: Die drei Hennen dürfen aus ihrer Transportbox und inspizieren pickend den Rasen, auf dem Weizenkörner warten. Für den Nachmittag sind schon die ersten Gäste im Garten angekündigt: Hühner Gucken ist angesagt – und vielleicht gibt es bald die ersten Eier.