Der gewaltsame Tod eines 21-Jährigen bei einem Polizeieinsatz in Oldenburg sorgt weiter für viele Fragen. Dass Einsatzkräfte zwar Bodycams trugen, es aber keine Aufnahmen gibt, weckt Unverständnis.
Im Fall der tödlichen Polizeischüsse auf den 21-jährigen Lorenz in Oldenburg gibt es Kritik wegen fehlender Aufnahmen von den Bodycams der Einsatzkräfte. „Nach meiner Einschätzung hätte die Kamera in diesem Fall eingeschaltet sein müssen“, sagte der Anwalt von Lorenz‘ Mutter, Thomas Feltes, der „HAZ“. Eine laufende Kamera hätte dem Juristen zufolge einen präventiven Effekt haben können.
Ein Polizist hatte in der Nacht zu Ostersonntag fünfmal in Richtung des 21-Jährigen in der Oldenburger Fußgängerzone geschossen. Laut Obduktion wurde Lorenz an der Hüfte, am Oberkörper und am Kopf verletzt. Drei Schüsse trafen ihn von hinten, ein vierter Schuss soll ihn am Oberschenkel gestreift haben.
Kritiker: Das Fehlen von Bodycam-Aufnahmen ist ein Skandal
Nach Angaben der Ermittler hatte der Deutsche zuvor vor einer Diskothek Reizgas versprüht und mehrere Menschen leicht verletzt. Dann flüchtete er. Als Streifenpolizisten ihn hätten stellen wollen, sei er bedrohlich auf die Beamten zugegangen und habe Reizgas in ihre Richtung gesprüht.
Dass Polizisten zwar Bodycams trugen, aber nicht eingeschaltet hatten, bezeichnete Rafael Behr von der Akademie der Polizei Hamburg als „Skandal“. In der Rückschau seien schon so viele Dinge passiert, für welche die Bodycam hätte Aufklärung bringen können. „Dass das immer noch nicht angeordnet wird, dass die eingeschaltet werden, finde ich tatsächlich skandalös“, sagte Behr im Nachrichtensender „N-TV“.
Funkverkehr kann ausgewertet werden, Bodycam-Bilder nicht
Die Ermittler hatten zuvor darüber informiert, dass das Mobiltelefon des betroffenen Polizisten geprüft und auch der polizeiliche Funkverkehr aus der Nacht ausgewertet werde. Aufnahmen der Bodycams der Polizisten, die bei dem Einsatz dabei waren, stehen demnach nicht zur Verfügung. Die Geräte seien nicht eingeschaltet gewesen, hieß es.
Der 27 Jahre alte Schütze wurde vorläufig suspendiert. Die Staatsanwaltschaft Oldenburg führt gegen den Beamten ein Verfahren wegen Totschlags. Beides ist in solchen Fällen üblich.
Tausende fordern bei Demo Aufklärung
Zu einer Kundgebung und Demonstration kamen am Freitag Tausende Menschen. Viele von ihnen forderten Antworten auf die Frage, warum der junge schwarze Mann sterben musste. Es müsse eine lückenlose Aufklärung des Falls geben.
Die Polizei schätzt die Teilnehmerzahl auf 8.000 bis 10.000 und sprach im Anschluss von einem nahezu störungsfreien Ablauf. „Gerade im Hinblick auf die dramatischen und tragischen Ereignisse vom vergangenen Wochenende bin ich erleichtert, dass die Veranstaltung am Freitagabend in Oldenburg trotz einiger Sachbeschädigungen weitestgehend ruhig verlaufen ist“, sagte der Oldenburger Polizeipräsident Andreas Sagehorn.
In der Stadt ist auch ein Team aus Seelsorgern und Experten für psychosoziale Notsituationen für Trauernde und Menschen mit Gesprächsbedarf da. Die Idee für das Angebot sei gleich nach der Tat und einem ersten Einsatz der Notfallseelsorge entstanden, sagte der evangelische Kreispfarrer Torsten Maes. Es habe sich schnell abgezeichnet, dass die Schüsse auf den Schwarzen eine politische Debatte über Polizeigewalt und Rassismus auslösten. „Wir hatten Sorge, dass für Trauer kein Platz mehr bleibt.“