Der Fotograf Christian Sinibaldi erhielt exklusive Einblicke in den Alltag hinter den heiligen Mauern. Sein Bilder zeigen: Dort arbeiten ganz normale Menschen.
Schon als Kind bestaunte der gebürtige Römer Christian Sinibaldi die imposante, von Michelangelo entworfene Kuppel der vatikanischen Basilika. Die Faszination mit der Welt hinter den dicken Mauern des kleinsten Staates der Erde hatte den Fotografen, der inzwischen in London wohnt und arbeitet, nie losgelassen.
Sinibaldi ist nicht sonderlich fromm, aber dafür neugierig, direkt und ziemlich hartnäckig. „Vor zehn Jahren rief ich einfach das Presseamt des Heiligen Stuhls an“, erzählt er, „und erklärte, was ich vorhatte.“ Er erwartete eine Abfuhr, doch die kam nicht. Stattdessen Fragen, was und wo genau er fotografieren wolle. Viele Briefe mussten geschrieben, viele Antragsformulare ausgefüllt werden.
Ihn interessierten die Menschen im Vatikan, nicht nur dessen Pomp
Sinibaldi interessierten nicht so sehr die Kirchenfürsten und die hohen Präfekten der Kurie, nicht der Pomp und Purpur. Er wollte seine Arbeit vor allem den Frauen und Männern widmen, die das „Theatrum sacrum“, das „heilige Theater“ im Petersdom und in einigen Exklaven wie dem Lateran erst möglich machen. Vielleicht war Sinibaldis Glück, dass erst drei Jahre zuvor mit Papst Franziskus ein Pontifex in den Vatikan eingezogen war, der Klerikalismus für eine Krankheit hielt und für sein Mitagessen gern auch mal in der Arbeiterkantine des Gotteshauses anstand.
Bei seinen ersten Besuchen schaute sich Sinibaldi nur um, baute langsam Vertrauen zu den Nonnen und Arbeitern auf. Erst dann hob er hier und da seine Kamera. Es entstanden Bilder von erstaunlicher Menschlichkeit und Wärme. Vor allem bei den Ordensschwestern, die jeden Tag Stapel liturgischer Gewänder wegbügeln, lohnte sich die Rücksicht des Fotografen. Auch heute noch freuen sie sich, wenn Sinibaldi zu Besuch kommt, plaudern mit ihm und schenken ihm Süßigkeiten.
Und was ist mit all den geheimen Intrigen und Affären des Vatikans? Sinibaldi lacht. „Ich kenne wirklich nur ganz wenige Geheimnisse.“ Dann schweigt er.