Energie und Hansa haben die Chance auf den Relegationsplatz vergeben. Dynamo jubelt über Platz zwei, Aue verabschiedet sich mit Remis aus der Saison.
Leipzig (dpa) –
Energie am Boden zerstört
Timmy Thiele weinte noch minutenlang hemmungslos, Trainer Claus-Dieter Wollitz schlich gesenkten Hauptes durch den Regen im Cottbuser Stadion. Immerhin kam irgendwann der Trotz zurück und das Team verabschiedete sich mit einem Plakat: „Immer vorwärts, Energie“ aus der Saison. Völlig unnötig zu früh, denn die Chance auf den Relegationsplatz drei war lange da, ehe man im Willen, diesen auch zu bekommen, in Konter des FC Ingolstadt lief und am Ende sang- und klanglos 1:4 unterlag. Das Erreichen der DFB-Pokal-Qualifikation als Tabellenvierter war dann nur noch ein schwacher Trost.
„Wir sind eine verdammt geile Truppe und wir haben Großes geschafft, leider nicht das ganz Große“, sagte Thiele in der ARD. „Es tut jetzt weh, es wird auch noch paar Tage wehtun, aber dann greifen wir wieder an“, sagte der Top-Angreifer der Lausitzer.
„Wir sind traurig, dass wir diese zwei Spiele nicht bekommen haben. Zum Sport gehört es aber auch, Niederlagen zu akzeptieren und entsprechend damit umzugehen“, sagte Wollitz. Der Stolz, als Aufsteiger nur ganz knapp den Durchmarsch in die 2. Bundesliga verpasst zu haben, wird wohl erst noch kommen. In jedem Fall war Energie eine Bereicherung für die Liga. Ein Team, das die Etablierten das Fürchten lehrte. Aber auch ein Team, dem man in entscheidenden Phasen wie eben gegen Ingolstadt fehlende Erfahrung und Cleverness anmerkte.
Hansa-Aufholjagd wird nicht belohnt
Am Ende war die Hypothek aus dem völlig missglückten Saisonauftakt doch zu groß. „Die Ausgangslage war schwierig, das wussten wir vor dem Spiel. Aber die Enttäuschung ist deshalb riesengroß, weil wir unsere Hausaufgaben nicht gemacht haben“, sagte Marco Schuster, der den gesperrten Franz Pfanne bei der 1:2-Niederlage bei Hannover 96 II als Kapitän vertrat. Man habe ein Spiel verloren, das man hätte gewinnen können.
„Wir hätten Vierter werden können und der vierte Platz ist schon von Bedeutung. Das ärgert mich“, sagte Trainer Daniel Brinkmann. Mit etwas Abstand werde man aber auch realisieren, dass man eine gute Saisonleistung abgeliefert habe, betonte der Coach.
Und tatsächlich: Von Platz 18 nach dem zehnten Spieltag kommend, arbeitete sich Hansa auch durch die erfrischenden Impulse des neuen Trainers Brinkmann Stück für Stück nach oben. Dass man zwei Spiele vor Saisonende auch den Relegationsplatz drei vor Augen hatte, hätte den Rostockern lange niemand zugetraut. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der FC Hansa in den entscheidenden beiden Partien nicht mehr liefern konnte. In der neuen Saison allerdings sind die Ostseestädter schon jetzt ein Aufstiegsanwärter.
Dynamo feiert sich selbst
Die mögliche dritte Drittliga-Meisterschaft verpasst – egal. „Der Aufstieg steht über allem“, sagte Thomas Stamm bei „MagentaSport“ und war auch eine Woche nach dem besiegelten Sprung in Liga zwei noch in Feierlaune. Wie überhaupt ganz Fußball-Dresden. „Über die gesamte Saison hinweg betrachtet war es von der Mannschaft eine sehr außergewöhnliche Leistung“, lobte der sonst stets kritische Coach nach dem 3:0-Abschlusssieg gegen Absteiger SpVgg. Unterhaching.
Es sei wichtig, dass man den Moment genießt, ihn mitnimmt. „Die Emotionen auch vom vergangenen Wochenende sind noch nicht ganz verarbeitet. Es war schon wieder außergewöhnlich, was vor dem Spiel passiert ist, das sucht seinesgleichen“, sagte Stamm. Tausende Dynamo-Fans hatten sich zwei Stunden vor dem Spiel auf der Straße vor dem Stadion versammelt, die Spieler liefen die letzten 500 Meter durch ein Spalier und wurden gefeiert. „Es gibt wohl keine Festplatte, die genug Speicherplatz hat. Das muss man erstmal verarbeiten. Das wird kein Spieler bis zu seinem Karriereende, vielleicht auch bis zu seinem Lebensende nie vergessen“, sagte Kapitän Stefan Kutschke.
Der Stürmer blickte bereits voraus: „Es geht jetzt darum, irgendwann den Fluch einer Fahrstuhlmannschaft – 2. Liga, 3. Liga – abzulegen.“ Mit dabei helfen wird Christoph Daferner, von dessen feste Verpflichtung nach seiner Leihe aus Nürnberg die Mannschaft kurz vor dem Spiel erfahren hat. „Er hat hier seine Basis gefunden, seinen Hafen, in den er einfahren und sich wohlfühlen kann. Das ganze Drumherum zu seiner Vertragsverlängerung, zu seinem Einstand werden wir noch mit ihm besprechen. Aber das wird nicht ganz billig“, sagte Kutschke.
Aue will Saison mit Pokalsieg retten
Diese Saison darf man beim FC Erzgebirge Aue auch nach dem 1:1 zum Abschluss beim TSV 1860 München nicht einfach zu den Akten legen. Nur Tabellenplatz 13, lange Zeit in Abstiegsgefahr, aber auch undurchsichtige Entscheidungen in Sachen Personal sind nicht das, was man sich im Lößnitztal vorgenommen hatte. Da war sogar von Aufstieg in die 2. Bundesliga die Rede. Und es sah auch lange gut aus. Noch am 15. Spieltag hatte man auf den Tabellenführer nur vier Zähler Rückstand.
Zu diesem Zeitpunkt sah man eine „bedenkliche Entwicklung in den vergangenen Monaten“, wie es Sportchef Matthias Heidrich ausdrückte – mit der Folge, dass man sich nach dem 16. Spieltag von Trainer Pavel Dotchev trennte. Nach der Winterpause übernahm mit viel Vorschusslorbeeren Jens Härtel ein Team, das völlig verunsichert nur noch Zehnter war. Doch Wunder konnte auch er nicht verbringen angesichts eines Kaders, dem „Transfermarkt.de“ den viertniedrigsten Wert der Liga bescheinigte.
„Wenn man die nackten Zahlen sieht, kann man nicht zufrieden sein. Wir hatten aber auch ein paar Nackenschläge zu verkraften“, sagte Härtel und spielte damit auf das immense Verletzungs- und Krankheitspech an, welches die Erzgebirger erlebten und das in der entscheidenden Saisonphase dafür sorgte, dass man praktisch ohne Angriff auskommen musste. Die Mannschaft habe aber Charakter gezeigt, betonte Härtel. Mit Blick auf das sächsische Pokalfinale am Samstag beim 1. FC Lok Leipzig sagte der Trainer: „Wir wollen uns mit dem Pokalsieg verabschieden und damit aus einer durchwachsenen Saison noch eine gute machen.“