Steigende Kosten, sinkender Absatz, US-Zölle – all das setzt Winzern zu. Die rheinland-pfälzische Weinbauministerin sieht die schwierigste Lage der Nachkriegszeit. Welche Maßnahmen jetzt geplant sind.
Die rheinland-pfälzische Weinbauministerin Daniela Schmitt sieht den Weinbau in einer existenziellen Krise und sagt das Verschwinden zahlreicher Betrieb voraus. „Ich glaube, wir werden eine massive Marktbereinigung bekommen, 20 bis 30 Prozent der Betriebe werden verschwinden, einige ganz still“, sagte die FDP-Politikerin. „Es ist die schwierigste Lage der Nachkriegszeit. Wir müssen von einer existenziellen Krise sprechen.“ Ihr Ministerium will nun mit einigen Maßnahmen helfen.
Den Weinbaubetrieben machen stark gestiegenen Kosten für Energie und Personal zu schaffen – und das in Zeiten eines schrumpfenden Absatzes, weil weniger Wein getrunken wird. Dazu kamen zuletzt noch US-Zölle, die vor allem Betrieben zu schaffen machen, die stark auf den Markt jenseits des Atlantiks gesetzt haben.
„Zeit der großen Mengen mit niedrigerer Qualität ist vorbei“
„Die Betriebe, die große Probleme haben, sind die, die lange nichts gemacht haben“, sagte Schmitt. „Die Zeit der großen Mengen mit niedrigerer Qualität ist vorbei.“ Auch gebe es den Trend, dass die Menschen mehr zu alkoholfreiem Wein griffen beziehungsweise insgesamt weniger Alkohol zu sich nähmen. „Man muss auch auf ein verändertes Verbraucherverhalten reagieren“, betonte Schmitt.
Wichtig sei in diesen Zeiten, neue Märkte zu erschließen, sagte die FDP-Politikerin. „Viele Winzer haben nur auf einen Absatzmarkt gesetzt, vor allem an der Mosel.“ Das Land Rheinland-Pfalz werde angesichts dessen aus dem EU-Budget zusätzlich eine Million Euro geben, um die Branche bei Marketing und Vertrieb zu unterstützen. „Wir helfen, neue Märkte zu erschließen“, sagte Schmitt. Das ist für einige mitunter mühsam.“ Als Beispiele für neue, interessante Märkte nannte die Ministerin Japan und Indien.
Weitere Elemente eines Weinpakets der Landesregierung seien die Förderung von Innovationen und der Abbau von Bürokratie für die Branche. Sofort solle wirken, dass bei den Neuanpflanzungsrechten einer Ausweitung von Rebflächen quasi ein Riegel vorgeschoben sei, um nicht noch mehr Angebot zu bekommen. Das geschehe im Einvernehmen mit der Branche, sagte Schmitt. Klar sei: „Man muss mehr um den Kunden kämpfen.“
Erste Weinbauministerkonferenz geplant
Mehr Unterstützung erhofft sich Schmitt aus der Bundespolitik. „Der weinbaupolitische Stillstand in Berlin muss aufhören“, sagte sie. Im November plane sie gemeinsam mit ihrem hessischen Amtskollegen Ingmar Jung von der CDU eine Weinbauministerkonferenz.
Rheinland-Pfalz ist in Deutschland das Weinbauland Nummer eins, unter anderem mit den zwei großen Anbaugebieten Rheinhessen und Pfalz. Die Krise der Weinbranche habe im Land weitere schwerwiegende Folgen, sagte Schmitt. Sie belaste auch Agrarmaschinenhersteller, außerdem sei der Tourismus im Land stark mit dem Weinbau verknüpft.
Kritik äußerte die Ministerin an Empfehlungen etwa von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, die neuerdings dazu rät, gar keinen Alkohol mehr zu trinken. „Die Konsumwarnungen gehen mir zum Teil aber auch zu weit“, sagte Schmitt. „Für uns in Rheinland-Pfalz ist Wein definitiv ein Kulturgut und in Maßen ein Genussmittel.“
Der Sprecher der rheinland-pfälzischen AfD-Fraktion für Landwirtschaft und Weinbau, Ralf Schönborn, findet die von Schmitt angekündigte eine Million Euro zu wenig. „Mit wenigen Euro pro Hektar lassen sich keine strukturellen Probleme lösen“, sagte er. „Absatzmärkte sind Aufgabe der Betriebe selbst – die Politik muss endlich die Rahmenbedingungen verbessern.“ Wenn tatsächlich ein Drittel der Betriebe verschwinde, bedeute das einen irreversiblen Strukturbruch.