Die zunehmende Zahl der Vorfälle von Rechtsextremismus an deutschen Schulen alarmiert Politiker der etablierten Parteien. Viele ziehen dabei eine Verbindung zur AfD.
Die Ostbeauftragte der Bundesregierung, Elisabeth Kaiser, hat eine einheitliche Statistik rechtsextremistischer Übergriffe an Schulen gefordert. „Es geht auch darum, diese Vorfälle gut zu erfassen und zwischen den Bundesländern vergleichbar zu machen“, sagte die SPD-Bundestagsabgeordnete dem stern. Schulen und Lehrkräfte müssten gestärkt werden, um mit solchen Vorfällen angemessen umzugehen. „Ich bin zu diesem Thema mit Vertretern der Länder und auf Bundesebene im Gespräch.“
Kaiser reagierte damit auf die aktuelle Recherche von stern und RTL über rechtsextreme Straftaten an Schulen. Zudem hatte eine Abfrage bei den Kultusministerien ergeben, dass nur zehn Bundesländer die Vorfälle systematisch erfassen. Die restlichen sechs stützen sich nur auf Polizeistatistiken.
Auch in Mecklenburg-Vorpommern existiert keine eigene Statistik. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) verwies auf Anfrage des stern auf ein neues Präventionskonzept gegen Gewalt an Schulen. Gleichwohl sagte sie, dass sie die Entwicklung „mit Sorge“ betrachte. Als eine Ursache dafür sieht sie die größte Oppositionspartei in ihrem Land.
Klima des Rechtsextremismus
„Die AfD hat als Partei des Hasses in Deutschland in Teilen unserer Gesellschaft ein Klima geschaffen, in dem rechtsextremes Gedankengut offener als früher geäußert wird“, sagte Schwesig. „Und aus Worten können Taten werden.“ Es sei wichtig, dem entgegenzutreten.
In Sachsen wurde im vergangenen Jahr mit 185 rechtsextremen Straftaten an Schulen ein neuer Höchststand erreicht. Landeskultusminister Conrad Clemens (CDU) bezeichnete daher den Rechtsextremismus als „unser größtes gesellschaftliches Problem“. Es gebe viele Initiativen zur Prävention und zur demokratischen Bildung an Schulen, sagte er. „Aber der Boden für Extremismus wird überall dort bereitet, wo menschenfeindliche und antidemokratische Aussagen unwidersprochen bleiben – ganz gleich, ob auf dem Pausenhof, im Sportverein oder im privaten Umfeld.“
Die grüne Bundestagsabgeordnete Katrin Göring-Eckardt rief dazu auf, nicht die Augen vor einer „bitteren Realität“ zu verschließen: „Kinder und Jugendliche sind Ziel rechtsextremer Propaganda und ihr oft ohne Schutz ausgeliefert“, sagte sie. Dabei gehe es um Aus- und Abgrenzung, um Männlichkeitsideale, aber auch um Gewalt gegen Menschen, die vermeintlich anders seien: „Es geht gegen Frauen, Geflüchtete, Minderheiten.“
Relevant für Verbotsverfahren
Aus Sicht der früheren Bundestagsvizepräsidentin ist die AfD nicht der einzige Antreiber der Entwicklung. „Aber sie ist Nutznießer und Brandbeschleuniger.“ Dies sei auch relevant für ein mögliches Verbotsverfahren: „Wo sich ein direkter Zusammenhang zwischen der Partei und rechtsextremen Vorfällen ziehen lässt, ist das in meinen Augen ein weiteres Argument für eine Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit der AfD.“
Auch die innenpolitische Sprecherin der Linke-Bundestagsfraktion, Clara Bünger, sieht eine „gezielte Strategie“ der AfD. „Bildungseinrichtungen werden unter Druck gesetzt, Lehrkräfte eingeschüchtert und demokratische Positionen als parteiisch diffamiert“, sagte sie. Die AfD instrumentalisiere das staatliche Neutralitätsgebot, um Kritik an sich selbst zu delegitimieren und rechtsextreme Ideologie als gleichwertigen Beitrag im demokratischen Diskurs zu normalisieren. „Das ist brandgefährlich“, erklärte Bünger. Es handele sich nicht um Einzelfälle, sondern um ein „strukturiertes Vorgehen“ der Partei.










