Nach der Abstimmung am Sonntag: AfD holt die meisten Direktmandate im Land

In Sachsen-Anhalt siegt die AfD klar und holt sieben Direktmandate. Für die Regierung ein bitteres Erwachen?

Bilanz der Bundestagswahl in Sachsen-Anhalt: Es war die höchste Wahlbeteiligung seit der Wiedervereinigung, und die AfD erzielte ihr bisher bestes Ergebnis. Mit 37,1 Prozent der Zweitstimmen hat die Partei nach vorläufigem Endergebnis die Abstimmung klar gewonnen und zieht mit sieben Abgeordnete über ein Direktmandat ins Parlament ein. 

Insgesamt wird das Land mit 16 Abgeordneten in Berlin vertreten sein, wie die Bundeswahlleitung mitteilte. Die hohe Wahlbeteiligung von 77,7 Prozent markierte den höchsten Wert bei einer Bundestagswahl in Sachsen-Anhalt seit 1990. 

Viele Veränderungen – klare Ergebnisse

Keine andere Partei als die AfD erreichte die 20-Prozent-Marke bei den Zweitstimmen. Die CDU kam auf 19,2 Prozent und landete damit weit hinter der AfD. SPD (11,0 Prozent) und Linke (10,8 Prozent) folgten mit deutlichem Abstand. Währenddessen scheiterte das Bündnis Sahra Wagenknecht trotz 11,2 Prozent in Sachsen-Anhalt am Einzug in den Bundestag.

Über die Landeslisten ihrer Parteien ziehen neun Politiker und Politikerinnen in den Bundestag ein. Steffi Lemke, die noch amtierende Grünen-Umweltministerin, sicherte sich dabei ein Mandat über die Landesliste ihrer Partei.

In der kommenden Legislaturperiode werden lediglich sieben der insgesamt acht Wahlkreise aus Sachsen-Anhalt in Berlin mit einem Direktkandidaten vertreten sein. Den Sitz muss Alexander Raue von der AfD abgeben, da der Wahlkreis 71 in Halle wegen ungenügender Zweitstimmendeckung unbesetzt bleibt. Unter den sieben Abgeordneten der Partei sind auch zwei Frauen vertreten. Bei der Bundestagswahl vor vier Jahren gewann die AfD lediglich zwei Direktmandate in damals noch neun Wahlbezirken.

8 Wahlkreise durch Wahlrechtsreform

Bisher war Sachsen-Anhalt mit 18 Abgeordneten im Bundestag vertreten, 9 von ihnen hatten bei der Wahl 2021 ein Direktmandat in den damals 9 Wahlkreisen gewonnen. Wegen der Wahlrechtsreform zogen bei der jetzigen Wahl aber nicht mehr alle siegreichen Wahlkreiskandidaten automatisch in den Bundestag ein.

Sie bekamen nur noch dann ein Mandat, wenn ihre Partei auf genügend Zweitstimmen kam. Dadurch entfielen die früher üblichen Überhang- und Ausgleichsmandate. Der Bundestag wurde dadurch kleiner und hat jetzt nur noch 630 Abgeordnete.

Reaktionen aus der Politik

Der Landesvorsitzende der CDU in Sachsen-Anhalt, Sven Schulze, bezeichnete das Ergebnis als eine Niederlage für die Christdemokraten im Osten. Deutschland sei politisch zweigeteilt. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) zeigte sich besorgt über das Ergebnis der AfD. „Das ist kein Ostphänomen mehr“, sagte er. 

Die Landesvorsitzende der SPD in Sachsen-Anhalt, Juliane Kleemann, nannte den Wahlausgang ein bitteres Ergebnis für die Sozialdemokraten. „Wir haben die Wahl verloren, und das ist nicht erst in den letzten Wochen entschieden worden.“ 

Bei der AfD gab es jedoch Jubel: Der AfD-Landesvorsitzende Martin Reichardt bezeichnete das Ergebnis als Krönung der politischen Arbeit der vergangenen Jahre. „Wir sind gesichert Volkspartei“, sagte Reichardt.

Extremismusforscher Quent zum Aufstieg der AfD

Der Soziologe und Extremismusforscher Matthias Quent warnt vor Prophezeiungen, dass die AfD bei einer Bundestagswahl in vier Jahren stärkste Kraft werden könnte. „Das ist ja im Grunde das AfD-Rezept, sie macht sich selbst größer als sie eigentlich ist“, sagte Quent der Deutschen Presse-Agentur. Die Mehrheit – auch der ostdeutschen Bevölkerung – lehne die AfD nach wie vor ab.