Männergesundheit: Erstaunliche Studie belegt: Männer mit gutem Sperma leben länger

Sperma interessiert nur für die Entstehung neues Lebens? Keineswegs! Forscher haben herausgefunden: Je besser das Ejakulat des Mannes, desto höher seine Lebenserwartung.

Dieser Artikel erschien zuerst bei ntv.de

Ob sie potentes Sperma haben, finden Männer – wenn überhaupt – erst heraus, wenn es zum Kinderwunsch kommt. Davor scheint die Qualität der Spermien eher unwichtig zu sein. Ein Trugschluss, sagt nun ein dänisches Forschungsteam: „Spermien könnten die Kanarienvögel in der Kohlengrube für die Gesundheit von Männern sein.“ Denn Männer mit höherwertigem Sperma leben länger, heißt es in der neuen Studie, die im Fachmagazin „Human Reproduction“ veröffentlicht wurde.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler analysierten Proben von fast 80.000 Männern. Diese wurden dabei auf Samenvolumen, Spermienkonzentration, Spermienform und den Anteil beweglicher oder schwimmender Spermien getestet. Während einige Männer keine Spermien produzierten, hatten andere eine sehr gute Samenqualität. Anschließend verfolgten die Forschenden die Gesundheit der Männer über bis zu 50 Jahre nach ihren Spermatests. In diesem Zeitraum verstarben rund 8600 der Probanden, was 11 Prozent der Gruppe entspricht.

Qualität des Spermas und die Höhe der Lebenserwartung hängen offenbar zusammen

Ein Mann produziert pro Samenerguss in der Regel zwischen 40 Millionen und 300 Millionen Spermien. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gilt eine Spermienkonzentration von weniger als 15 Millionen Spermien pro Milliliter als niedrig und kann auf eine mögliche Unfruchtbarkeit hinweisen.

Das Ergebnis: Männer, die mehr als 120 Millionen schwimmende Spermien pro Ejakulat produzierten, lebten zwei bis drei Jahre länger als diejenigen, die weniger als 5 Millionen produzierten. So wurden die Männer mit der höchsten Spermienqualität im Durchschnitt 80,3 Jahre, diejenigen mit schlechter Spermienqualität hingegen im Schnitt nur 77,6 Jahre alt.

Schädigen freie Radikale die Spermien?

„Es scheint wirklich so zu sein: Je besser die Samenqualität, desto länger das Leben“, sagt Lærke Priskorn, Epidemiologin am Universitätsklinikum Kopenhagen, die die Studie zusammen mit Niels Jørgensen, Androloge am Universitätsklinikum, leitete. Die Qualität der Spermien spiegele die allgemeine Gesundheit eines Mannes wider. So wurde bei den Tests eine schlechtere Qualität immer mit einem früheren Tod in Verbindung gebracht. Diese Korrelation blieb auch dann noch bestehen, wenn man andere Faktoren wie Rauchen, Ernährung oder Bewegung berücksichtigte.

„Wenn Spermien wirklich die Kanarienvögel in der Kohlengrube der männlichen Gesundheit sind, stellt sich die Frage, warum das so ist“, schreibt John Aitken, der nicht an der Studie beteiligt war, in einem Leitartikel begleitend zur Studie. Laut dem Reproduktionsbiologen an der Universität Newcastle in Australien könnte eine Antwort auf die Frage nach den Ursachen sogenannter oxidativer Stress sein. Dieser entsteht, wenn freie Radikale überhandnehmen. Freie Radikale sind instabile Moleküle, die die DNA und Zellfunktion schädigen und im gesamten Körper, einschließlich der Hoden und Spermien, zum Zelltod führen können.

„Jeder Faktor (genetisch, immunologisch, metabolisch, umweltbedingt oder durch den Lebensstil bedingt), der das Gesamtniveau des oxidativen Stresses erhöht, könnte vernünftigerweise Veränderungen im Samenprofil und nachfolgende Sterblichkeitsmuster verursachen“, so Aitken. So können Rauchen, übermäßiger Alkoholkonsum, Sonneneinstrahlung, Pestizide, Industriechemikalien und Luftschadstoffe freie Radikale aktivieren. Aber auch ein geschwächtes Immunsystem oder beispielsweise eine Herzerkrankung kann diese hochreaktiven Moleküle freisetzen, die den Alterungsprozess beschleunigen.

Kein Grund zur Panik – aber zur Wachsamkeit

Die dänischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen nun herausfinden, welche Krankheiten bei Männern mit schlechter Samenqualität häufig auftreten. Das sei eine wichtige Erkenntnis für eine bessere Vorsorge. So könnten Ärzte künftig Männern vorbeugende Maßnahmen empfehlen, falls eine Spermienanalyse ein Risiko aufzeigt.

Allan Pacey, Professor für Andrologie an der Universität Manchester, sagte dem „Guardian„, dass die Studie zu einer wachsenden Zahl von Arbeiten beitrage, die darauf hindeuten, dass Männer mit schlechter Samenqualität ein erhöhtes Risiko haben, krank zu werden oder früh zu sterben. „Bisher hat noch niemand eine zufriedenstellende Erklärung dafür gefunden“, sagte er. „Es ist möglich, dass ein nicht identifiziertes Gesundheitsproblem in jungen Jahren sowohl zu einer schlechteren Samenqualität bei jüngeren Männern als auch zu einer schlechteren Gesundheit im späteren Leben führt.“ Um das herauszufinden, brauche es weitere Untersuchungen.

Männer mit einer schlechteren Samenqualität müssten aber nicht in Panik geraten, beruhigt Pacey. „Sie sollten aber die Gelegenheit nutzen, alle Bedenken mit ihrem Fruchtbarkeitsspezialisten oder Hausarzt zu besprechen“, rät der Experte. „Gerade Männer sollten ermutigt werden, jedes Angebot für eine Gesundheitsuntersuchung wahrzunehmen, das ihnen angeboten wird.“